Eine Wassermühle, auch Wasserrad genannt, ist ein technisches Bauwerk, in dem ein durch Wasserkraft in Drehung versetztes Rad (Wasserrad) ein Mahlwerk antreibt.
Gelegentlich wird auch von einer Wassermühle gesprochen, wenn mit dem Wasserrad keine Getreidemühle, sondern eine andere Arbeitsmaschine (z.B. ein Sägewerk, ein Hammerwerk oder ein Pochwerk) angetrieben wird. Eine Wassermühle besteht jedoch immer aus den folgenden beiden Komponenten:
- Ein Wasserrad, das als Kraftmaschine die Energie (potenzielle oder kinetische Energie) des fallenden oder fließenden Wassers in die Energie einer rotierenden Welle umwandelt, und
- eine Arbeitsmaschine, die über diese Welle angetrieben wird.
Im Gegensatz dazu ist eine Wasserturbine ausschließlich eine Kraftmaschine (Wasser-Kraftmaschine). In Wasserkraftwerken sind zwei Kraftmaschinen hintereinander angeordnet. In der Turbine wird die Energie des bewegten Wassers in Rotationsenergie einer Welle umgewandelt, und diese wird dann mittels eines Generators (elektrische Kraftmaschine) in elektrische Energie umgewandelt und nach außen abgegeben.
Das für den Antrieb benötigte Wasser (Aufschlagwasser) wird normalerweise einem Fließgewässer entnommen. Je nach örtlichen Gegebenheiten sind zur Erhöhung der Fallhöhe und zur Speicherung von Wasser Teiche, Stauwehre, Kanäle oder andere Wasserbauwerke erforderlich.
Geschichte
Wassermühlen sind sehr alte von Menschen genutzte Bauwerke, die nicht durch Muskelkraft von Menschen oder Tieren angetrieben wurden. Durch Wasserkraft angetriebene Schöpfräder zur Bewässerung (Noria) sind bereits aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. aus Mesopotamien bekannt. Erste Mahlmühlen mit Wasserkraftantrieb sind aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. aus China belegt. Auch die alten Ägypter, Perser und später die Griechen und Römer verwendeten Wassermühlen, wie es aus einem Gedicht von Antipatros von Thessalonike, einem Reisebericht des Geographen Strabon oder den detaillierten technischen Beschreibungen von Philon von Byzanz oder Vitruv bekannt ist.
Mittelalterliche Darstellung einer Wassermühle
Die Sägemühle von Hierapolis war eine in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. datierte wasserbetriebene Steinsäge, erstmals mit Kurbelwelle und Pleuelstange. Von Marmorplatten als Wandverkleidung im Haus des Maussolos (gest. 351 v. Chr.) in Halikarnassos berichteten schon Vitruv und Plinius der Ältere. Am Artemis-Tempel von Gerasa (Jordanien) (6. Jahrhundert n. Chr.) wurden die Reste eines wasserbetriebenen Steinsägewerks mit zwei gegenüberstehenden Gattersägen mit je vier Sägeblättern gefunden.
Bei Barbegal in Südfrankreich wurde ein römischer Mühlenkomplex mit 16 Mühlrädern gefunden, der aus dem 2. Jahrhundert stammt und der über ein Aquädukt versorgt wurde.
Die Römer brachten die Wassermühlentechnik auch nach Deutschland, wie durch einen Fund bei Düren im Rheinland aus der Zeit um Christi Geburt erkennbar ist. In einem Reisebericht Mosella aus dem Jahre 368 erwähnt der römische Beamte Ausonius erste Wassermühlen an Kyll und Ruwer, Nebenflüssen der Mosel. Im fränkischen Volksgesetz Lex Salica aus der Zeit um das Jahr 450 werden Wassermühlen mit Stauwerk (Farinarius) erwähnt. Die ältesten archäologisch nachgewiesenen Wassermühlen in Deutschland sind aus dem 1. Jahrhundert in Düren, aus dem Jahr 156 in Etting sowie eine aus dem im 6. Jahrhundert in der alamannischen Siedlung Mittelhofen bei Lauchheim.
Im Jahr 2005 wurden bei einer archäologischen Ausgrabung im Rotbachtal bei Erftstadt-Niederberg (Nordrhein-Westfalen, Kr. Düren) die Überreste einer im Jahr 833 nach Christus erbauten Wassermühle entdeckt. Das Wasserrad der unterschlächtig betriebenen Anlage konnte zu einem Durchmesser von rund 1,65 m rekonstruiert werden und war mehrere Jahrzehnte in Betrieb.
Ab dem Mittelalter waren Wasserräder als Antrieb von Mahlmühlen und verschiedenen anderen Maschinen in ganz West- und Mitteleuropa bis in den Nord- und Ostseeraum verbreitet.
Mit zunehmender Verbreitung benutzten die Machthaber und Grundherren die Wassermühlen als Einnahmequelle für Steuern. Neben dem Mühlenrecht und dem Mühlenzwang, der für Mühlen mit Antrieben aller Art und insbesondere für Getreidemühlen galt, waren für Wassermühlen noch einige zusätzliche Regularien von Bedeutung: Für die Nutzung des Staurechtes wurde meist eine besondere Abgabe fällig (Wassererkenntnis, Wasserzins…).
Ab dem 17. Jahrhundert fanden wasserkraftgetriebene Maschinen (Wasserkunst) auch starke Verwendung im Bergbau und im vorindustriellen Gewerbe. Mit der Industrialisierung konkurrierten die Wassermühlen, wie auch Wind- und Göpelmühlen, zunehmend mit flexibel einsetzbaren und leistungsfähigen Dampfmühlen, mit Verbrennungsmotoren und schließlich mit elektrisch angetriebenen Mühlen. Die industriellen Großmühlen verdrängten mehr und mehr die kleinen klassischen Handwerksmühlen; diese wurden unwirtschaftlich, so dass es Ende des 19. Jahrhunderts zu einem „Mühlensterben“ kam.
Francis-Turbine der Firma „Gebrüder Ruch G.m.b.H. Oberkirch (Baden)“
Mit der zunehmenden Elektrifizierung stellten diejenigen Wassermühlen, die in Betrieb blieben, ihren Wasserkraftantrieb vielfach vom Wasserrad auf eine der neu entwickelten, effektiveren Wasserturbine um, die mittels eines Generators Strom für den Antrieb der elektrischen Maschinen in der Mühle erzeugte (turboelektrischer Antrieb). Überschüsse konnten in das elektrische Netz eingespeist werden. Letztere Funktion war häufig der Hauptzweck, nachdem die Müllerei aufgegeben wurde; die ehemalige Wassermühle wurde so zum reinen Wasserkraftwerk.
Nachdem bereits viele Wasser- und Windmühlen stillgelegt und abgerissen waren, besann man sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf die Bedeutung dieser Bauwerke als Technikdenkmal. Ein Teil der Mühlen konnte so in mehr oder weniger ursprünglichem Zustand als Technikmuseum oder für andere Zwecke (oft als Restaurant o. ä.) erhalten werden.
Seit Ende des 20. Jahrhunderts werden historische Wassermühlen im Zuge der verstärkten Bedeutung der klimaneutralen erneuerbaren Energien verstärkt wiederbelebt und zu Kleinwasserkraftwerken umgenutzt. Die Basis hierfür bilden moderne Wasserräder, die den historischen Charakter der Mühle erhalten und so dem Denkmalschutz gerecht werden, die aber in ihrer Effektivität den Wasserturbinen kaum nachstehen.
Aufbau und Technik
Bestimmend für die erreichbare Leistung einer Wassermühle sind die Fallhöhe, die Fließgeschwindigkeit, die Wassermenge und der Wirkungsgrad.
Ein Wassermühlenbauwerk besteht meist aus drei Teilen, die nachfolgend erläutert werden:
- Wasserbauwerke zur Führung und Speicherung des Aufschlagwassers
- Antrieb bestehend aus Wasserkraftmaschine (Wasserrad, Wasserturbine) und der Kraftübertragung zur Arbeitsmaschine
- Produktionsanlage (Mühle im engeren Sinne) mit den Mahlwerken oder sonstigen Arbeitsmaschinen
Wasserbauwerke
Die einfachste Form der Wassermühle ist die, bei der die Mühle direkt an das Ufer des antreibenden Fließgewässers platziert wird, ohne dass dessen Lauf verändert wird. Die Mühle kann im Extremfall sogar als Schiffsmühle auf der Wasseroberfläche schwimmen. Das Wasser wird weder umgeleitet noch aufgestaut, das Wasserrad taucht nur mit den Schaufeln an der Unterseite ins Wasser ein (tief- oder unterschlächtiges Mühlrad). Solche Mühlen sind aber nicht sehr leistungsfähig und sie verlangen entsprechend nach einem breiten Mühlrad und einem größeren Fluss, der stets genügend Wasser führt.
Unterschlächtiges Wasserrad
Um Wassermühlen auch an Wasserläufen mit wenig Wasser oder mit geringem Gefälle errichten zu können, ist es notwendig, die Kraft des Wassers zu verstärken, indem die Fallhöhe und somit der Impuls/Druck des Aufschlagwassers vergrößert wird. Das Wasserrad wird seitlich auf Höhe der Welle (mittelschlächtig) oder von oben (oberschlächtig) mit dem Kraftwasser beaufschlagt.
Die Erhöhung der Fallhöhe geschieht entweder dadurch, dass ein Teilstrom des antreibenden Wasserlaufes von ihm abgezweigt wird und in einem Kanal (häufig „Mühlengraben“ genannt), seltener auch über ein aufgeständertes Gerinne oder einen unterirdischen Stollen mit geringerem Gefälle parallel geführt wird. Wenn die gewünschte Höhendifferenz erreicht ist, wird das Wasser über das Mühlrad geführt und dem Wasserlauf wieder zugegeben.
Die andere Möglichkeit, die Fallhöhe zu erhöhen, ist es, den Wasserlauf durch einen Staudamm oder ein Wehr aufzustauen. Die Staustufe, auch Mühlenstau genannt, hat neben der Erhöhung der Fallhöhe auch den positiven Effekt, dass im Stausee (Mühlenteich) Wasser gespeichert wird, das bei Bedarf abgerufen werden kann. So ist die Mühle in Zeiten, in denen der speisende Wasserlauf wenig Wasser führt, weniger vom Wasserstand abhängig.
Insbesondere im Bergbau wurde für die Speicherung und Führung des Kraftwassers für die Wasserkünste hoher Aufwand getrieben und es wurden teilweise weitverzweigte Systeme aus Stauseen (Kunstteichen), Kanälen (Kunstgräben) und Stollen (Rösche, Wasserlauf) angelegt. Bekannte Beispiele für solche Systeme sind das Oberharzer Wasserregal oder die Freiberger Revierwasserversorgung.
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